Resolution 64/292 angenommen von der Generalversammlung der UNO vom 28. Juli 2010
Die Generalversammlung der UNO
- Erkennt das Recht auf einwandfreies und sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung als ein Menschenrecht an, das unverzichtbar für den vollen Genuss des Lebens und aller Menschenrechte ist;
- Fordert die Staaten und die internationalen Organisationen auf, im Wege der internationalen Hilfe und Zusammenarbeit Finanzmittel bereitzustellen, Kapazitäten aufzubauen und Technologien weiterzugeben, insbesondere für die Entwicklungsländer, um die Anstrengungen zur Bereitstellung von einwandfreiem, sauberem, zugänglichem und erschwinglichem Trinkwasser und zur Sanitärversorgung für alle zu verstärken;
- Begrüßt den Beschluss des Menschenrechtsrats, die Unabhängige Expertin für Menschenrechtsverpflichtungen in Bezug auf den Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung zu ersuchen, der Generalversammlung einen jährlichen Bericht vorzulegen, und legt ihr nahe, ihr Mandat auch weiterhin in allen Aspekten wahrzunehmen und in Abstimmung mit allen zuständigen Organisationen, Fonds und Programmen der Vereinten Nationen in ihrem der Versammlung auf ihrer sechsundsechzigsten Tagung vorzulegenden Bericht auf die hauptsächlichen Herausforderungen für die Verwirklichung des Menschenrechts auf einwandfreies und sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung sowie auf deren Auswirkungen auf die Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele einzugehen.
Weitere Informationen finden Sie in unserem Argumentarium "Das Recht auf Trinkwasser und sanitäre Anlagen - Grundlage der Arbeit der Blue Communities Schweiz".
Wasser ist ein öffentliches Gut und keine Handelsware oder frei handelbarer Rohstoff (commodity).
Die Resolution der UNO zum Menschenrecht auf Wasser spricht von „sicherem, sauberem, zugänglichem und erschwinglichem Trinkwasser und ebensolcher Abwasserentsorgung für alle.“ Dies zu gewährleisten kostet. Zu Wasser und Wasserdienstleistungen Sorge zu tragen hat also auch monetäre Auswirkungen. Der Zugang zu Trinkwasser ist deshalb in den allermeisten Fällen mit einem Tarif belegt, welcher aber in keinem Fall die Menschen von der Grundversorgung mit sauberem und sicherem Trinkwasser ausschliessen darf. Im Extremfall in welchem eine Person über gar kein Geld verfügt, setzt das Menschenrecht auf Wasser voraus, dass der Zugang zu Wasser auch gratis gewährleistet ist.
In keinem Fall soll die Grundversorgung mit sicherem und sauberem Trinkwasser von zu Marktpreisen gehandeltem Flaschenwasser abhängen.
Blue Community fördert die Zusammenarbeit mit öffentlichen Partnern, damit Wissen und Erfahrung in staatlicher Hand resp. der Allgemeinheit zugänglich bleiben. Öffentlich meint demnach:
- Der Staat / die lokale Gemeinschaft hat die oberste Verantwortung und gewährleistet die Kontrolle über die Wasserversorgung, auch wenn er Dritte beauftragt.
- Er schützt die Quelle und regelt die Nutzung. (Die Nutzung wird nicht dem ersten oder dem meistbietenden Nutzer überlassen).
- Das Wassermanagement ist transparent und bezieht die Allgemeinheit mit ein (local governance).
- Wenn lokal eine Kooperative oder ein Wasserkomitee (aufgrund der Schwäche staatlicher Repräsentanz) für die Wasserversorgung verantwortlich ist, muss die Organisationsform dem Charakter des Wassers als öffentlicher Ressource gerecht werden und darf niemanden von der Grundversorgung ausschliessen.
Die Grundsätze der schweizerischen Blue Community sind positiv formuliert; es geht nicht um Verbote, sondern um die Erweiterung von Wahlmöglichkeiten und die Erweiterung von Formen der Zusammenarbeit im Wasserbereich:
Verbot von Flaschenwasser?
Bei keiner in der Schweiz bestehenden Blue Community ist Flaschenwasser verboten. Als Grundpfeiler der Versorgung mit Trinkwasser soll die öffentliche Wasserversorgung benutzt werden. Flaschenwasser soll nur da zum Einsatz kommen, wo aus logistischen Gründen Krüge/Karaffen
nicht funktionieren. Parallel kann Flaschenwasser zum Kauf angeboten werden. Flaschenwasser soll immer teurer sein als das Trinkwasserangebot.
Verbot der Zusammenarbeit mit privaten Anbietern im Wasserbereich?
Die Wasserversorgung ist immer auch auf die Zusammenarbeit mit privaten Anbietern angewiesen. Es kann sich also in keiner Weise um das Verbot der Zusammenarbeit mit privaten Firmen handeln. Blue Communities fördern aber bewusst die Zusammenarbeit mit öffentlichen Partnern und verhindern aktiv, dass das Know-how und die Kontrolle über die technischen Anlagen im Wasserbereich in privater Hand monopolisiert werden.
Es gilt kein Verbot, sondern das Gebot, ein öffentliches Gut auch als öffentliches Gut zu behandeln, es geht um ein Gebot der Förderung, Stärkung und Qualitätserhaltung der öffentlichen Wasserversorgung und ein Gebot der internationalen Solidarität in diesem Bereich.
Die schweizerische Wasserversorgung ist zum grossen Teil in öffentlicher Hand und der Zugang zu sauberem und sicherem Trinkwasser sowie einer funktionierenden Abwasserentsorgung fast vollständig gewährleistet. Blue Community Schweiz nutzt diese Erfahrung und stellt sie auch südlichen Ländern (in Form von Partnerschaften und Unterstützung von Wasserprojekten) zur Verfügung. Blue Communities setzen sich solidarisch für die internationale Förderung einer einwandfreien Trinkwasserversorgung und Abwasserbearbeitung ein.
Die vier Grundsätze bilden den Kern der Selbstverpflichtung. Jeder Blue Community ist es freigestellt, sich zu weiteren Punkten im Bereich zu verpflichten.
Die einzelnen Blue Communities werden vom Bereich OeME-Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, dem Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) und dem Service de l'Eau Lausanne koordiniert. Die Koordination organisiert ein jährliches Austauschtreffen, berät Organisationen auf ihrem Weg zur Blue Community und prüft die Selbstverpflichtung.
Blue Community wurde in Kanada als Antwort auf Privatisierungsbestrebungen im Wasserbereich durch die Bürgerbewegung Council of Canadians gegründet. Neben der Schweiz sind mittlerweile auch in anderen Ländern Europas, sowie in Lateinamerika und Afrika Blue Communities entstanden. Mehr Informationen gibt es z.B. auf:
Comunidades Azules Latinoamérica
Seit 2023 gibt es ein internationales Koordinationskommitee, das sich regelmässig zum Austausch und zur Vernetzung trifft.
Jede Blue Community verpflichtet sich durch ihre Mitgliedschaft zu den vier Grundsätzen und deren längerfristige Umsetzung. Im Sinne des gegenseitigen Wissens- und Erfahrungsaustausches nehmen alle Blue Communities am jährlichen Austauschtreffen teil und verfassen einen jährlichen Tätigkeitsbericht.
Im Gegensatz zu einem Label ist die Selbstverpflichtung Blue Community nicht mit einem Zertifizierungsprozess verbunden. Die Selbstverpflichtung bedeutet, dass eine Organisation öffentlich sichtbar macht, zu welchen Prinzipien sie steht, welche Prinzipien ihr Handeln leitet und welche Prinzipien sie im Konfliktfall verteidigt. Mit gelegentlicher Kontaktnahme und jährlichen Treffen gewährleistet die Geschäftsstelle, dass die Blue Communities bei ihrer Selbstverpflichtung bleiben und ihre Handlungsoptionen weiter entwickeln.
Wasser hat in den verschiedensten Religionen eine grundlegende materiell-spirituelle Bedeutung, welche in heiligen Texten, alltäglichen Ritualen und speziellen Liturgien sichtbar wird.
In der jüdisch-christlichen Tradition ist Wasser ein Geschenk der Schöpfung und Symbol für die Zuwendung Gottes, die uns geschenkt ist. In der christlichen Taufe kommt dies im Taufritual auf den dreieinigen Gott mit Wasser zum Ausdruck. Als negativer Gegensatz zu diesem Gnadengeschenk und prophetische Kritik taucht zum Beispiel in den Klageliedern des Jeremia der Schrecken auf, dass man mit Silber bezahlen muss, um an Wasser heran zu kommen (Klgl 5,4).
Die Offenbarung schlussendlich sieht die Vision der Welt in der wer dürstet kommen kann und umsonst vom Wasser des Lebens geniesst (Offb 22,17).
Aufgrund der dramatischen Situation der Menschen, welche von sauberem Trinkwasser und einer funktionierenden Abwasserversorgung ausgeschlossen sind und auf dem zuvor kurz geschilderten religiösen Hintergrund ist Wasser für die Kirchen ein wichtiges Thema. So haben sich Kirchen aktiv gegen Wasserprivatisierungen und für das Menschenrecht auf Wasser eingesetzt. Exemplarisch haben katholische und protestantische Kirchen der Schweiz zusammen mit katholischen und protestantischen Kirchen Brasiliens 2005 eine ökumenische Wassererklärung für das Wasser als Menschenrecht und öffentliches Gut unterschrieben.