Internationaler Aufruf: "Wasser ist ein Menschenrecht!"

Internationaler Aufruf: "Wasser ist ein Menschenrecht!"

Internationaler Aufruf: «Wasser ist ein Menschenrecht!»

Zuhanden der UNO-Wasserkonferenz vom 22.-24. März 2023 in New York

Die unterzeichnenden Organisationen und sozialen Bewegungen wenden sich anlässlich der Wasser-Konferenz in New York an die UNO, um die Stimmen derer zu erheben, die meist nicht gehört werden, und um zu fordern, dass die folgenden Prinzipien in den Mittelpunkt der Wasserpolitik auf globaler, regionaler, nationaler und subnationaler Ebene gestellt werden:

  1. Der Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen ist ein grundlegendes Menschenrecht. Wasser ist keine Ware, sondern ein Gemeingut, das allen Menschen ohne Einschränkung zugänglich und unter öffentlicher Kontrolle stehen muss. Wasser für den persönlichen Bedarf und im Haushalt (z.B. für die Körperhygiene) muss Priorität haben vor der Nutzung für Landwirtschaft oder Industrie.
  2. Wasserpolitik muss der nachhaltigen Bewirtschaftung von Flüssen, Seen, Feuchtgebieten, Quellen und Grundwasservorkommen Vorrang einräumen. Im Rahmen des Menschenrechts auf eine gesunde Umwelt und als Schlüssel zur Bewältigung der anhaltenden Krisen durch Umweltverschmutzung, Entwaldung, Wüstenbildung, Biodiversitätsverlust und Klimawandel muss ihre ökologische Unversehrtheit sichergestellt werden. Regierungen müssen sicherstellen, dass landwirtschaftliche und industrielle Wasserverbraucher:innen für ihre Nutzung und die sich daraus ergebenden Auswirkungen mit Gesetzen, Vorschriften und Bestimmungen rechenschaftspflichtig sind und zur Verantwortung gezogen werden. Staaten können und dürfen sich dabei nicht auf freiwillige Massnahmen verlassen.
  3. Indigene Völker verfügen über eigene Traditionen und eigenes Wissen, um im Einklang mit der Natur mit Wasser umzugehen. Staaten müssen die Landrechte, das Recht auf Selbstbestimmung und auf freie, vorherige und informierte Teilhabe und Zustimmung zu jedem Projekt, das diese Gemeinschaften betrifft, anerkennen und respektieren. Die Staaten müssen sicherzustellen, dass die Bewirtschaftung der Lebensgrundlagen, einschliesslich Wasser, in Übereinstimmung mit den Standards der indigenen Völker und mit der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker erfolgt.
  4. Die Staaten müssen kommunale Praktiken und Organisationen des Wasser- und Abwassermanagements, wie sie unter anderem von ländlichen Gemeinden und indigenen Völkern gepflegt werden, gebührend anerkennen, sie im Rahmen öffentlich-rechtlicher Partnerschaften fördern und ihr Wissen und ihre Traditionen respektieren.
  5. In vielen Ländern werden die ländliche Bevölkerung und die Bewohner:innen informeller Siedlungen beim Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen stark diskriminiert. Es ist Aufgabe und Pflicht aller Staaten, den Zugang für diese Bevölkerungsgruppen zu ihrer höchsten Priorität zu machen. Die internationale Zusammenarbeit muss diesen Bevölkerungsgruppen in ihrem Handeln Vorrang einräumen.
  6. Die aktive, freie und sinnvolle Beteiligung der „Rechtsträger:innen“ an allen wasserpolitischen Fragen muss anerkannt, unterstützt und garantiert werden – mit besonderem Nachdruck auf der grundlegend gleichberechtigten Beteiligung von Frauen. Die Ausgrenzung, unter der Frauen leiden, obwohl sie die grösste Verantwortung tragen bei der Wasserversorgung ihrer Familien, ist zu überwinden. Ihre Beteiligung muss ermöglichen, die Entscheidungsfindung massgeblich zu beeinflussen, und Beteiligungsmodelle verunmöglichen, die nur darauf abzielen, die von gesellschaftlichen Eliten getroffenen Entscheide zu legitimieren.
  7. Wasser- und Sanitärversorgung müssen sich immer an den Menschenrechten orientieren. Diese gelten uneingeschränkt für alle – auch und besonders für Menschen, die in Situationen von Verwundbarkeit, Ausgrenzung oder Armut leben und die nicht in der Lage sind, für die Inanspruchnahme ihrer Rechte zu bezahlen. Privatisierung, Kommerzialisierung oder Ökonomisierung von Wasser- und Sanitärversorgung gefährden die Wahrnehmung der Menschenrechte. Sie dürfen daher kein Mittel der Politik auf globaler, nationaler oder lokaler Ebene sowie in der internationalen Zusammenarbeit sein. Stattdessen muss das öffentliche Eigentum und die gemeinwirtschaftliche Verwaltung durch öffentlich-öffentliche und öffentlich-gemeinschaftliche Partnerschaften gestärkt werden.
  8. Die Staaten müssen die Rechte der Arbeitnehmenden sowie menschenwürdige, faire und gerechte Arbeitsbedingungen schützen und garantieren. Dem Zugang zu Wasser in allen Lebensbereichen ausserhalb des Hauses muss hohe Priorität gegeben werden. Dazu gehören der Zugang zu Wasser in öffentlichen Gebäuden, an Arbeitsplätzen, in Gefängnissen, Schulen und Gesundheitseinrichtungen sowie auf Marktplätzen, auf denen Lebensmittel und andere Waren verkauft werden.
  9. Um die Wasserkrise zu lösen, muss der heute bestehende fragile multilaterale Rahmen der UNO überwunden werden. Wir müssen zu einer Regierungsführung finden, die sich den oben genannten Herausforderungen effektiv stellen kann. Es braucht einen zwischenstaatlichen Mechanismus mit regelmässigen Treffen zu Wasser- und Sanitärversorgung – unter aktivem und mitbestimmendem Einbezug der Rechtsträger:innen. Und es braucht konkrete Mechanismen zur Überwachung der eingegangenen Verpflichtungen.

Als Rechtsträger:innen und als Verteidiger:innen des Menschenrechts auf Wasser, die wegen ihres Einsatzes für Menschenrechte oft kriminalisiert und verfolgt werden, fordern wir, dass die Vereinten Nationen dem Dialog und der Zusammenarbeit mit betroffenen Gemeinschaften wie indigenen Völkern, Bauerngemeinschaften, Menschen in informellen Siedlungen, aufgrund von Geschlecht, Abstammung und Klasse diskriminierten Bevölkerungsgruppen, und all denen, die immer noch keinen gesicherten Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen haben, bei der Umsetzung von SDG 6 Priorität einräumen.

Wir rufen alle Organisationen und Personen in der Schweiz auf, den Aufruf hier zu unterschreiben:

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